Homestory: Interiordesignerin Arzu Kartal verlieh einem Hamburger Altbau neuen Glanz
Mit gestalterischem Gespür fürs Ganze verwandelt Interiordesignerin Arzu Kartal eine heruntergekommene Hamburger Altbauwohnung in ein helles, gemütliches Zuhause.
Auf Facebook wird vieles gesucht und noch mehr gefunden: neue wie alte Freunde, Tiervideos oder Veranstaltungstipps. Und manchmal die passende Einrichterin.
Dem sozialen Medium entsprechend schnell reagierten Freunde und Bekannte auf den Post eines Hamburger Arztes, der kreative wie fachmännische Unterstützung für die Sanierung seines neuen Familiendomizils suchte. Mehrere Empfehlungen und einen kurzen Profil-Check später meldet er sich bei Interiordesignerin Arzu Kartal. „Der Doc und ich haben uns auf Anhieb gut verstanden“, rekapituliert die Wahl-Hamburgerin, „also haben wir uns getroffen und die Altbauwohnung im Stadtteil Rotherbaum besichtigt.“
Was Arzu von dem Umbauprojekt der vierköpfigen Familie überzeugte, war die Herausforderung: „Die Wohnung war ein dunkles Loch. Herunterblätternde grün-schwarze Wände, abgelaufene Böden und die Stimmung einer Höhle. Kein Wunder, dass der Doc kein großer Fan war. Aber seine Frau hatte sich in diesen Altbau verliebt.“
Während der sechsmonatigen Sanierung blieb lediglich die Raumaufteilung bestehen. Stuck, Putz, Böden und Elektrik wurden von Grund auf erneuert, die Türöffnung der Küche vergrößert, die des Mädchenzimmers versetzt.
„Ich hatte großen Spielraum bei der Einrichtung“
Nachdem die 170 Quadratmeter wieder eine architektonische Grundlage hatten, mit der man arbeiten konnte, holte Arzu Kartal zum gestalterischen Rundumschlag aus: „Ich hatte großen Spielraum bei der Einrichtung. Bis auf das Bett, den Schlafzimmerschrank und einen Beistelltisch wurden keine Möbel und nur wenige Accessoires aus dem alten Apartment mitgenommen. Allerdings waren die Geschmäcker des Bauherrenpaars ziemlich verschieden: verspielter Barock versus moderne Coolness.“ Für die Einrichterin keine Hürde, sondern spannendes Stilmittel, das sie vor allem mit einem Mix verschiedenster Materialien umsetzte.
Einig waren sich alle Beteiligten bei dem Wunsch nach mehr Helligkeit. Die Basis hierfür schaffen nun ein geöltes Eichenparkett, neue, weiße Stuckaturen sowie ein größtenteils heller Anstrich mit dezenten Farbakzenten. Zusätzlich lassen Glastüren zum Wohnzimmer und zu der offenen Küche die Räume transparent wirken und leiten einfallendes Tageslicht in den fensterlosen Flur weiter.
Die Küche ist zugleich Eigenentwurf wie auch Sinnbild für die Detailverliebheit der Einrichterin mit türkischen Wurzeln. „Eigentlich hatten der Doc und seine Frau schon eine Küche ausgesucht. Modern, mit Metalloberflächen. Aber als ich in dem Raum stand, hatte ich eine genau Vorstellung, wie sie aussehen soll, und konnte beide davon überzeugen.“
Korpusse und Geräte lieferte das Küchenstudio, während Arzu mit einem Schreiner am perfekten Profil für die Fronten tüftelte. Bronzierte Spiegelfliesen mit Antik-Optik bringen den gewünschten Kontrast und lassen die Nische zudem größer wirken.
„Wenn es viele Schrankflächen gibt, muss man dem unbedingt etwas entgegensetzen“
Um Chaos zu vermeiden, wünschten sich die Bewohner überwiegend geschlossene Stauräume. Dafür ließ Arzu den Essbereich mit einer Sitzecke ausstatten, die nicht nur Platz für Gäste, sondern auch zur Aufbewahrung bietet, und wählte einen hochflorigen Velours als Bezugsstoff. Im gegenüberliegenden Wohnzimmer entschied sie sich für eine Schrankwand, passte deren Beize an die petrolgrüne Wand an und ergänzte sie durch einen Gaskamin. „Wenn es viele Schrankflächen gibt, muss man dem unbedingt etwas entgegensetzen“, erklärt die Raum-Ästhetin.
Trotz des Wechselspiels von weichen und harten, verspielten und modernen Elementen wirkt keiner der sechs Räume überladen. „Ich tendiere zu Langlebigkeit, was Einrichtung angeht“, erläutert Arzu ihr Grundkonzept, „meine Interieurs sollen eine Basis haben, ein klassisches Fundament, auf dem die Kunden aufbauen können.“
Dass sie mit ihrer Philosophie genau richtig liegt, zeigt nicht zuletzt das Hamburger Sanierungsprojekt. Auf natürliche Weise verbindet es die individuellen Stilvorlieben seiner Bewohner und ließ die Freundschaft zum Doc und seiner Familie sogar über Facebook hinauswachsen.
Fotos: Mirjam Fruscella
Diese Wohngeschichte erschien erstmals in DECO HOME Ausgabe 5/18.